Sie ist ein wahrliches Langzeitprojekt und steht nun kurz vor der Verkehrsfreigabe: Die Freisinger Westtangente verbindet die ehemalige B11 im Süden mit der Thalhauser Straße im Norden und soll für eine deutliche Verkehrsentlastung im Stadtgebiet sorgen. Am kommenden Montag ist die Verkehrsfreigabe angepeilt.
Nach einer endgültigen Prüfung der Funktionsfähigkeit aller Systeme im Vöttinger Tunnel soll sie nun also am Montag Nachmittag offiziell in Betrieb gehen. Seit 1972 wird an dem Projekt Westumfahrung Freising gearbeitet.
Die insgesamt knapp 3,6km lange Trasse führt von der ehemaligen Bundesstraße 11 durch das Freisinger Moos am Südzipfel Vöttings vorbei und schließlich unter Vötting in einem Tunnel hindurch zur Thalhauser Straße.
Der Tunnel ist dabei 705m lang, wovon ca. 400m im sog. bergmännischen Vortrieb untertage gebaut wurden. Im Bild nebenan ist der Übergang zwischen der bergmännischen Bauweise (rundes Tunnelprofil) und der offenen Bauweise (quasi wie ein Keller durch Ausheben der Grube und dem Bau anschließendes Verfüllen) gut zu erkennen.
Nur ein paar Meter weiter in Richtung des südlichen Tunnelportals befindet sich der tiefste Punkt des Tunnels. Fast genau unter der Moosach ist die Fahrbahn gut 13 Meter unter der Geländeoberfläche, so Projektleiter Franz Piller. Im tiefsten Punkt sammeln sich logischerweise auch die Ab- und Regenwässer des Tunnels und werden durch eine Vorreinigung so behandelt, dass sie in die Moosach geleitet werden können. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn sich ein Unfall oder ein Brand ereignet haben, da Schmierstoffe und der gleichen das Wasser verunreinigen. Das Wasser wird durch permanente, automatische Analyse auf die Tauglichkeit zur Ableitung in die Moosach geprüft und im Bedarfsfalls erfolgt die Reinigung.
Doch der tiefste Punkt ist auch der Hauptgrund für die Verzögerung im Bauablauf: Unvorhergesehene geologische Bedingungen haben aufwändige Umplanungen erforderlich gemacht. So ist man beim Bau des Tunnels auf sog. gespanntes Grundwasser gestoßen. Die Gefahr wurde jedoch rechtzeitig erkannt und durch Gegenmaßnahmen gebannt.
Die Kosten des Gesamtprojekts, also von Süd bis Nord, belaufen sich dabei auf rund 139 Millionen Euro, von denen rund 75 Millionen Euro auf den Tunnel entfallen. Die Rechnung muss die Stadt Freising nicht alleine zahlen: Der Freistaat beteiligt sich mit rund 70% an den förderfähigen Kosten, den Rest teilen sich Stadt und Landkreis Freising. Auch der Flughafen München trägt über den Umlandfonds rund fünf Millionen Euro der Planungskosten. So kommen auf die Stadt Freising nach Angaben von Herrn Piller etwa 30 Millionen Euro Kosten zu.
Bevor am Montag dann freie Fahrt herrscht, ist noch allerhand zu tun. Christine Huber, die Nachfolgerin von Herrn Piller, erklärte dass es noch ein paar kleine Baustellen gibt. So seien zum Beispiel noch Installationsarbeiten für die elektromechanische Schließanlage der Betriebsräume zu finalisieren.
Die Abnahme des Bauwerks erfolgt dann am Montagvormittag. Frau Huber und Herr Piller sind guter Dinge, dass alles reibungslos über die Bühne gehen wird, so dass durch den Bauhof die derzeit aufgestellten Absperrungen im Laufe des Nachmittags des 10.01.2022 entfernt werden können und der Verkehr ab dann rollen kann.
Apropos rollen. Die Frage nach der erlaubten Höchstgeschwindigkeit sorgte u.a. in den sozialen Netzwerken für rege Diskussion. Auch hierüber herrscht nun Klarheit: Auf der Trasse gilt Tempo 80, im Tunnel Tempo 50 und zwischen Tunnel und Kreisverkehr Thalhauser Straße Tempo 60.
Die Nutzung mit Fahrrädern und zu Fuß ist übrigens nicht erlaubt.
„Mit der Westtangente bekommen die Freisinger Bürgerinnen und Bürger eine echte Entlastung. Weniger Verkehr bedeutet mehr Lebensqualität, mehr Sicherheit und auf lange Sicht auch neue Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist der Tag der Verkehrsfreigabe ein großer Tag für Freising!“, hebt die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer die Bedeutung der Westtangente für die Stadt hervor.
Eine kurze Historie
Am 07. Mai 2015 war symbolischer Spatenstich für das Verkehrsprojekt, das gemeinsam mit der B 301-Nordostumfahrung jetzt ein leistungsfähiges Umfahrungsnetz um die Stadt bedeutet. Mit Beginn der zentralen Bauarbeiten Ende 2016 und dem „Tunnelanschlag“, also dem Ausbaggern der ersten Erdladung für das Herzstück der Umfahrung am 22. Mai 2017, war zunächst mit einer Bauzeit von etwa vier Jahren gerechnet worden. Aufgrund unerwarteter geologischer Gegebenheiten verlängerte sich die Realisierung auf fünf Jahre. Zwei Anschlussbereiche, im Norden der neu geschaffene Kreisverkehr an der Staatsstraße 2084 im Bereich der Kreuzung von Weihenstephaner Ring, Griesfeld- und Thalhauser Straße sowie im Süden die Anbindung an die Angerstraße, konnten bereits genutzt werden: Der Baustellenverkehr in das Neubaugebiet an der Angerstraße wird bereits seit Juli 2020 über das fertiggestellte Teilstück der Westtangente abgewickelt.
Videopräsentation statt Inbetriebnahmefest
Obwohl sich alle Beteiligten, ob Bürger*innen, Baurabeiter*innen und sonstige Mitwirkende an dem Projekt ein großes Abschlussfest mehr als verdient hätten, kommt es leider anders.
Bei aller Freude auf und über die Verkehrsfreigabe, die für Freising die dringend benötigte Entlastung vom Durchgangsverkehr bedeutet, bedauert die Stadt, dass dieser Meilenstein nicht, wie geplant, gebührend gefeiert werden kann. Aufgrund der weiter angespannten Pandemielage kann die Verkehrsfreigabe nicht gemeinsam mit der interessierten Bevölkerung und insbesondere mit den in der Bauzeit stark belasteten Anlieger/-innen in einer öffentlichen Festveranstaltung begangen werden – so, wie es immer geplant war. Die Westtangente ist schließlich das größte Infrastrukturprojekt der Stadt Freising und war bereits in den 1970-er Jahren als Ziel für eine effektive Verkehrs-entlastung erstmals in den Flächennutzungsplan aufgenommen worden.
Gerne hätten Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher und die Stadtverwaltung die Trasse vorab auch bei einem „Tag der offenen Tür“ präsentiert. Verschiedenste Aktionen waren vorbereitet, um Tangente und Tunnel eingehend zu inspizieren. Die Pandemie erlaubte und erlaubt es leider nicht, die Ideen umzusetzen und zu einem Ortstermin einzuladen. Die Stadt Freising zeigt daher die Strecke noch vor der offiziellen Inbetriebnahme in einem Video und hofft, dass die Drohnenaufnahmen und die Kamerafahrt durch den Tunnel spannende Ein- und Ausblicke bieten. Das Video geht voraussichtlich am Freitag, 07. Januar 2022, gegen Mittag online und ist dann abrufbar auf der Homepage der Stadt Freising unter www.freising.de/leben-wohnen/westtangente sowie auf den städtischen Social-Media-Kanälen Facebook unter www.facebook.com/Freising.de und YouTube, www.youtube.com/user/stadtfreising.